Seiteninhalte
- 1 Mickey 17 im Schatten von Parasite: Warum das neue Werk nicht zündet
- 1.1 1. Ein kurzer Blick auf den Inhalt: Von Klon-Druckern und Weltraum-Expeditionen
- 1.2 2. Die große Erwartungshaltung nach „Parasite“ und „Snowpiercer“
- 1.3 3. Lichtblicke: Robert Pattinsons Darstellung als Mickey
- 1.4 4. Wozu großartiger Cast, wenn man ihn nicht nutzt?
- 1.5 5. Gesellschaftskritik oder grelle Karikatur?
- 1.6 6. Erklärungen statt Erleben: Die Schwächen in der Erzählweise
- 1.7 7. Tonalität und Laufzeit: Warum 2,5 Stunden sich wie 3,5 anfühlen
- 1.8 8. Vergleich zu anderen Sci-Fi-Werken: Was macht „Mickey 17“ schlechter als Dune oder Interstellar?
- 1.9 9. Warum die Enttäuschung so stark ausfällt
- 1.10 10. Fazit – Eine der größten Enttäuschungen des Kinojahres 2025
Mickey 17 im Schatten von Parasite: Warum das neue Werk nicht zündet
Wenn ein Oscar-prämierter Regisseur wie Bong Joon-ho, der mit Filmen wie „Parasite“ und „Snowpiercer“ weltweit für Furore gesorgt hat, ein neues Projekt ankündigt, sind die Erwartungen naturgemäß hoch. Gerade weil „Parasite“ seine meisterhafte Balance zwischen Satire, Gesellschaftskritik und spannender Erzählweise bewiesen hat, waren viele Filmfans (mich eingeschlossen) elektrisiert, als „Mickey 17“ angekündigt wurde. Der Roman, auf dem das Werk basiert, stammt von Edward Ashton und trägt im Original den Titel „Mickey7“. Schon die Buchvorlage hat Science-Fiction-Freunde polarisiert, weil sie eine einzigartige Mischung aus schwarzem Humor, philosophischen Fragen zur Klon-Existenz und einer dystopischen Zukunft verspricht.
Umso größer war die Neugier, wie Bong Joon-ho das Ganze inszenieren würde. Sollte es eine ähnliche Kapitalismus– und Klassengesellschafts-Kritik werden wie in „Parasite“, nur diesmal eingebettet in ein futuristisches Weltraum-Setting? Könnte der Film an den Erfolg von „Snowpiercer“ anknüpfen, der ebenfalls eine durchaus postapokalyptische und sozialkritische Note hatte? Oder würde der Film, so wie es die Trailer andeuteten, in eine völlig neue Richtung gehen und uns zum Lachen, Staunen und Nachdenken bringen?
Bereits die ersten Trailer machten Lust auf mehr: Wir sahen Robert Pattinson in einer Rolle, die vermeintlich gleichzeitig absurden schwarzen Humor und emotionale Tiefe verspricht. Vor allem die Prämisse, dass seine Figur, ein sogenannter „Expendable“, immer wieder kopiert wird, sobald sie stirbt, klang nach einem genialen Aufhänger für eine bissige Satire auf moderne Arbeitsverhältnisse, Militarisierung oder auch für ganz grundlegende Fragen zum Wert menschlichen Lebens. Zudem versprach das Marketing, dass der Film gesellschaftliche Kontexte (etwa Kolonialismus und Imperialismus) einbinden und damit Bong Joon-hos Markenzeichen – nämlich eine subtile, aber spürbare Systemkritik – bedienen würde.
Doch so viel vorweg: „Mickey 17“ hat sich für mich als herbe Enttäuschung entpuppt. Tatsächlich drängt sich das Gefühl auf, Bong Joon-ho habe hier eine großartige Idee gegen eine flache Umsetzung und einen recht lieblos wirkenden Genre-Mix eingetauscht. Im Folgenden möchte ich dir ausführlich darlegen, warum ich diesen Film – bei aller Vorfreude – letztlich als gescheitertes Experiment empfinde, obwohl er hier und da ein paar Glanzlichter setzt.
1. Ein kurzer Blick auf den Inhalt: Von Klon-Druckern und Weltraum-Expeditionen
In „Mickey 17“ geht es um einen jungen Mann namens Mickey, gespielt von Robert Pattinson, der als „Expendable“ Teil einer interstellaren Mission ist. Diese Mission wird – vereinfacht ausgedrückt – von einer Regierungsstelle oder einem Konzern organisiert, die ihm ein offenbar lukratives Angebot gemacht haben: Mickey erhält sozusagen eine sichere Versorgung (oder entkommt seiner Armut), indem er sich verpflichtet, in höchstgefährlichen Situationen den Kopf für die Crew hinzuhalten. Stirbt er, wird er dank einer futuristischen Technologie neu „gedruckt“, also geklont, wobei seine Bewusstseinsdaten übertragen werden.
Bis zum Beginn der Filmhandlung gab es schon 16 frühere Mickeys. Seine aktuelle Inkarnation ist somit der 17. Klon. Diese Idee – jedes Mal, wenn Mickey stirbt, taucht er als nächste Kopie wieder auf – birgt enormes erzählerisches Potenzial: Man könnte daraus eine rabenschwarze Komödie machen, indem man zeigt, wie Mickey auf immer absurdere Weise sein Leben lässt. Oder man könnte eine tiefschürfende philosophische Abhandlung liefern, die Fragen stellt wie: „Ist jedes Klon-Wesen noch die gleiche Person?“, „Wie sieht es mit der moralischen Verantwortung für ein endlos reproduzierbares Leben aus?“ und „Gibt es eine gewisse Gleichgültigkeit, wenn ein Lebewesen ständig ‚erneuert‘ werden kann?“
Der Film tut jedoch beides nur in Ansätzen. Stattdessen schwenkt die Handlung bald in diverse Richtungen ab und wirkt, als wüsste sie nicht genau, was sie sein will. Hier kommt bereits das erste große Problem zum Vorschein: „Mickey 17“ wechselt mitten im Erzählfluss Tonfall und Fokus. Aus dem zunächst skurrilen Einblick in Mickeys wiederholtes Sterben wird kurzerhand eine Art Romanze zwischen Mickey und einer Frau, dargestellt von Naomi Aki, die wir ebenfalls aus anderen Filmen (u. a. Star Wars: Der Aufstieg Skywalkers) kennen. Als wäre das nicht genug, tritt gegen Ende noch eine politisch brisante Seite in den Vordergrund, die Themen wie Kolonialismus, Imperialismus und religiösen Fanatismus aufgreift.
Was auf dem Papier nach einer facettenreichen, multidimensionalen Sci-Fi-Parabel klingt, entpuppt sich in der Ausführung leider als liebloser Flickenteppich. Man hat den Eindruck, es sollte unbedingt alles hineingepackt werden: Gesellschaftskritik, Philosophie, Humor, Romanze, Action und Thriller-Elemente. Das Ergebnis wirkt unrund und oft enttäuschend simpel, obwohl Bong Joon-ho bisher eher für fein ausbalancierte Geschichten bekannt war.
2. Die große Erwartungshaltung nach „Parasite“ und „Snowpiercer“

Wer Bong Joon-hos Filmografie kennt, weiß, dass er selbst bei scheinbar abgedrehten Prämissen (wie bei „Snowpiercer“, wo die Menschheit in einem endlos fahrenden Zug überlebt) zu inszenieren vermag, wie ein begrenzter Raum große gesellschaftliche Spannungen widerspiegelt. „Parasite“ hingegen war eine meisterhafte Synthese aus Kapitalismuskritik, Klassensatire und spannendem Thriller, gewürzt mit gerade genug Humor, um das Publikum bei Laune zu halten.
- „Parasite“: Dort erleben wir, wie Bong Joon-ho eine Geschichte über Arm und Reich erzählt, ohne jemals zu plump zu wirken. Er beleuchtet komplexe Machtverhältnisse, ohne einzelne Figuren als reines Feindbild oder Heldentum zu reduzieren.
- „Snowpiercer“: Auch hier setzt er auf eine dystopische Zukunftsvision, in der sich das Thema Klassentrennung in einem fahrenden Zug manifestiert. Gewalt und Kritik am Status quo sind direkt und hart, aber mit genügend inszenatorischer Finesse.
Gerade vor diesem Hintergrund wollte man in „Mickey 17“ ähnliche Elemente finden: Man hoffte auf eine bissige, gesellschaftskritische Reise, die das Konzept der Klon-Identität nutzt, um uns den Spiegel vorzuhalten: Was sind wir bereit zu opfern (oder zu verkaufen), um Armut zu entkommen? Wie verändert sich unsere Sicht auf das Leben, wenn wir theoretisch unsterblich sein können? Werden wir einfach zu seelenlosen Rädchen in einem großen Firmen- oder Regierungsgetriebe?
Doch im Film selbst bleibt das alles weitgehend an der Oberfläche. Voice-Over-Passagen erklären zahlreiche Regeln der Welt, obwohl man vieles davon eigentlich auch zeigen könnte. Figuren sprechen häufig das aus, was sie denken und fühlen, ohne dass wir es visuell oder dramaturgisch nacherleben dürften. „Show, don’t tell“ – ein oft zitiertes Motto des Filmemachens – scheint hier manchmal vergessen worden zu sein.
Die Enttäuschung rührt also auch daher, dass viele Fans nach „Parasite“ ein subtileres, clevereres Storytelling erwartet haben. Doch stattdessen wird man mit Erklärdialogen, einer regelrechten „Holzhammer“-Satire und einem sehr abrupten Tonwechsel konfrontiert, der die Spannung schon früh abtötet.
3. Lichtblicke: Robert Pattinsons Darstellung als Mickey
Trotz aller Kritik gibt es einen Punkt, der vielen Zuschauern positiv auffällt: Robert Pattinson liefert als Mickey eine starke, facettenreiche Performance. Wenn man sein Spiel aufmerksam verfolgt, merkt man schnell, dass er es schafft, der Figur des 17. Klons die nötige Melancholie und zugleich eine gewisse Naivität zu verleihen. Er lässt uns spüren, dass Mickey zum einen realisiert, in welch auswegloser Situation er ist (da er beliebig oft sterben und wieder erscheinen kann), zum anderen bleibt eine gewisse Resignation nicht aus.
Hinzu kommt, dass es im Film einen Punkt gibt, an dem zwei Mickeys gleichzeitig existieren. Pattinson nimmt hier die Herausforderung an, zwei Varianten desselben Charakters glaubwürdig voneinander abzuheben. Man könnte zwar argumentieren, dass der Film viel mehr aus dieser Begegnung hätte machen können; dennoch sind die Szenen, in denen Pattinson miteinander interagiert (oder besser gesagt, sein doppeltes Selbst auf der Leinwand erscheint), ein kurioser und bisweilen sehenswerter Moment.
Warum überzeugt diese schauspielerische Leistung trotzdem nicht das Gesamtwerk? Ganz einfach: Das Drehbuch gibt Pattinson zwar Raum, doch fehlt es an einem dramaturgisch starken Gegenpol. Die anderen Figuren bleiben blass, wirken wie Staffage oder wie Comichelden, die bestimmte Typen repräsentieren sollen, anstatt echte Charaktere zu sein, die ihre Rollen organisch ausfüllen.
4. Wozu großartiger Cast, wenn man ihn nicht nutzt?

Im Trailer und in der Vorab-Berichterstattung war von einem echten All-Star-Cast die Rede: Steven Yeun (The Walking Dead, Minari), Naomi Aki, Tony Collette und Mark Ruffalo. Gerade Letzterer wird häufig mit seiner Marvel-Rolle als Bruce Banner/Hulk in Verbindung gebracht, kann aber auch Charakterrollen (z. B. in „Spotlight“) sehr feinfühlig ausfüllen.
- Steven Yeun: Bekannt für seine charismatische Leinwandpräsenz, wird in „Mickey 17“ leider kaum gefordert. Er ist zwar zu sehen, hat ein paar Momente, kann aber wenig bleibenden Eindruck hinterlassen, weil die Handlung sich nicht wirklich Zeit für ihn nimmt.
- Naomi Aki: Als Love Interest bleibt sie ebenfalls relativ eindimensional. Der Film hätte die Beziehung zwischen ihr und Mickey durchaus zu einem zentralen Konfliktherd ausbauen können, besonders wenn man bedenkt, dass zwei Mickeys gleichzeitig existieren. Das Drehbuch streift diese Idee, vertieft sie jedoch nicht.
- Tony Collette: Eine Schauspielerin, die oft als Horror-Ikone oder in dramatischen Rollen brilliert („Hereditary“, „The Sixth Sense“), darf hier nur ein klischeehaftes Puzzlestück sein, das im Wesentlichen eine Funktion erfüllt: Sie gehört zu einem Pärchen (zusammen mit Mark Ruffalo), das man beinahe als Comic-Relief oder karikaturhafte Machtelite einordnen könnte.
- Mark Ruffalo: Seine Darstellung erinnert zeitweise an eine Trump-Karikatur, was anfangs witzig sein könnte, aber schnell ins Überzogene abrutscht und jede Subtilität vermissen lässt. Viele Szenen mit ihm wirken erzwungen komisch, doch zum lachen brachte das einen nicht wirklich.
Diese Starbesetzung hätte das Potenzial gehabt, gemeinsam mit Robert Pattinson eine energiereiche Ensemble-Dynamik aufzubauen, die den Film in die Höhe reißt. Stattdessen scheint keiner so richtig zu wissen, was seine Rolle im großen Ganzen ist. Dadurch verliert „Mickey 17“ eine wesentliche Säule jeder guten Geschichte: die Figuren, mit denen wir fühlen können oder über deren Schicksal wir staunen.
5. Gesellschaftskritik oder grelle Karikatur?
Ein weiterer zentraler Punkt, auf den man sich als Fan von Bong Joon-ho gefreut hat, ist die gesellschaftskritische Ebene. Sei es Kapitalismus, Kolonialismus oder Imperialismus – all das sind Themen, die sich hervorragend in einer Sci-Fi-Handlung verhandeln lassen, weil man sie in einer fremden Welt überspitzt darstellen und so neue Blickwinkel eröffnen kann.
In „Mickey 17“ bekommen wir zwar den Versuch, solche Themen anzureißen:
- Die Menschen in diesem Film sollen einen fremden Planeten besiedeln oder kontrollieren.
- Es gibt dort eine einheimische Spezies, die in ihrer optischen Gestaltung an bizarre Kreaturen erinnert und anscheinend Opfer einer Invasion werden könnte.
- Einige Figuren repräsentieren eine religiöse oder politische Bewegung, die Mickey als eine Art Heilsbringer oder Propheten ansieht.
- Mark Ruffalos Figur mutet wie eine überzeichnete Version eines machtgierigen, größenwahnsinnigen Politikers an, der sich gern als Held oder Anführer sieht.
Doch anstelle einer raffinierten, subversiven Auseinandersetzung wirkt vieles wie mit dem Holzhammer serviert. Beispiele:
- Stattnuancierte Kritik an amerikanischem Imperialismus oder Militarismus gibt es Klischeebösewichte, die wie Karikaturen im Stil „reich und skrupellos“ auftreten und dadurch jede Tiefe vermissen lassen.
- Die einheimischen Aliens werden kaum näher beleuchtet, sodass wir keine wirkliche Verbindung zu ihnen aufbauen. Sie bleiben die „Anderen“, an denen die Menschheit (scheinbar Amerikas Stellvertreter) sich schuldig macht. Man versteht zwar, was gemeint ist, aber es fehlt jede Komplexität, um das spannend oder originell zu erzählen.
- Die Liebesgeschichte zwischen Mickey und Naomis Figur hätte einen Gegenpol bieten können: Vielleicht hätte man zeigen können, wie sich Liebe und Mitgefühl gegenüber dem Sterben und Klonen verhält. Doch auch hier: Die Story springt lediglich von einem Motiv zum anderen, ohne es auszugestalten.
Das Ergebnis: Statt einer intelligenten Kritik an politischen Systemen, Konsumgesellschaft oder Klassenkampf fühlt man sich an mittelprächtige Parodien erinnert, die versuchen, Twitter-Debatten abzubilden. Alles ist sehr direkt ausgesprochen und plump, ohne subtile Nuancen oder Metaphern.
6. Erklärungen statt Erleben: Die Schwächen in der Erzählweise

Ein häufig kritisierter Aspekt von „Mickey 17“ ist der hohe Anteil an Voice-Over und erklärenden Dialogen. Grundsätzlich kann eine Erzählerstimme funktionieren, wenn sie eine besondere Atmosphäre schafft, ironische Kommentare liefert oder uns tiefer in die Psyche des Protagonisten einführt. Hier jedoch drängt sich das Gefühl auf, es dient eher dazu, uns Schritt für Schritt zu erklären, was wir ohnehin schon sehen oder was wir selbst hätten erschließen können.
Gerade in der ersten Filmstunde dominiert Mickeys Stimme aus dem Off, die uns das Weltbild näherbringt. Er erläutert, wie das Klonen abläuft, wie sein Tagesablauf aussieht, welche Risiken er eingehen muss, was die Crew zu ihm sagt, was er selbst fühlt etc. Dabei wird viel potenzielle Spannung verschenkt, denn eigentlich wäre es packender, wenn wir als Publikum gemeinsam mit Mickeys Figur in die Situation geworfen würden und selbst herausfinden müssten, warum diese oder jene Probe gefährlich ist.
„Show, don’t tell“ – in der Filmkunst heißt das, wichtige Informationen über Bildsprache und Handlungen zu vermitteln, statt sie fortwährend zu benennen. In „Parasite“ funktioniert das meisterhaft. Dort erkennen wir soziale Unterschiede an den Räumen, die die Figuren bewohnen, an der Art, wie sie reden, essen oder miteinander umgehen, ohne dass man uns das explizit auf einem Silbertablett präsentiert. In „Mickey 17“ hingegen wirkt es beinahe, als traue das Drehbuch den Zuschauern nicht zu, selbst zu kombinieren.
7. Tonalität und Laufzeit: Warum 2,5 Stunden sich wie 3,5 anfühlen
Mit rund zweieinhalb Stunden Laufzeit ist „Mickey 17“ grundsätzlich lang genug, um eine epische Sci-Fi-Erzählung zu entfalten. Man könnte die Klon-Problematik, die Machtstrukturen in der Crew, die fremdartigen Aliens und eine Liebesgeschichte aufbauen und zu einem intensiven Finale führen. Doch erstaunlicherweise wirkt die Handlung bereits nach der Hälfte des Films stark gestreckt.
Woran liegt das?
- Keine klare Dramaturgie: Der Film wechselt sprunghaft zwischen Sci-Fi-Komödie, Romanze, politischer Satire und dann wieder philosophischen Fragen, ohne dabei einen harmonischen Erzählfluss beizubehalten.
- Wenig echte Höhepunkte: Zwar gibt es Szenen, in denen Mickey spektakulär sterben könnte (oder stirbt) und wiedergeboren wird, aber diese werden meist schnell abgehandelt oder gar durch Voice-Over banalisiert.
- Ein schwaches Finale: Statt auf einen großen Showdown oder eine tiefgreifende Enthüllung hinzusteuern, entfaltet der Film am Ende eine holprige Auflösung, die einige plötzliche Wendungen versucht, jedoch keine intellektuelle oder emotionale Befriedigung liefert.
Wenn man „Mickey 17“ verlässt, hat man das Gefühl, wesentlich länger im Kinosaal gesessen zu haben. Anders als bei Filmen wie „Blade Runner 2049“ oder „Dune“, wo man sich trotz ähnlicher Laufzeiten nicht langweilt, fehlt hier die immersive Kraft. Dort füllen regieliche Brillanz, audiovisuelle Tiefe und nuancierte Figuren die Laufzeit. Hier hingegen entstehen Längen, weil die Geschichte nicht weiß, welches Element sie in den Vordergrund rücken will – und am Ende alles halbgar serviert.
8. Vergleich zu anderen Sci-Fi-Werken: Was macht „Mickey 17“ schlechter als Dune oder Interstellar?

Wer „Mickey 17“ schaut, denkt unweigerlich an andere moderne Sci-Fi-Filme:
- „Dune“ (Denis Villeneuve): Ein Epos, das gekonnt sein Universum aufbaut, uns langsam in eine fremde Welt einführt und dabei komplexe politische Machtspiele, religiöse Aspekte und persönliche Konflikte integriert. Trotz einer Laufzeit von über zwei Stunden fühlt man sich nicht gelangweilt, da jeder Abschnitt die Erzählung vorantreibt.
- „Interstellar“ (Christopher Nolan): Hier treffen emotionale Momente (Familiengeschichte, Zeitdilatation) auf große philosophische Fragen über Menschheit, Liebe und die Zukunft im Weltraum. Dass Nolan dies mit einem großartigen Sounddesign und eindrucksvollen Bildern verbindet, verankert den Film tief in unserer Erinnerung.
- „Blade Runner 2049“ (Denis Villeneuve): Ein Paradebeispiel dafür, wie man ein langsames Erzähltempo geschickt nutzen kann, um Atmosphäre und Charakterstudien zu intensivieren. Jede Einstellung wirkt durchkomponiert und unterstützt das Thema „Was macht uns menschlich?“.
Im Vergleich dazu ist „Mickey 17“ visuell zwar ansprechend (die CGI und Sets sind nicht schlecht), aber sie stechen nicht hervor. Bong Joon-hos frühere Filme wie „Snowpiercer“ hatten einen unverkennbaren Stil, der auch durch klaustrophobische Settings und eine nahezu surreale Bildsprache auffiel. „Mickey 17“ hingegen fühlt sich in seinem Look oft wie ein Standard-Hollywood-Sci-Fi an, bei dem man Elemente aus „Avatar“, „Passengers“ oder anderen Genrevertretern wiedererkennt, ohne dass es ein wirkliches Alleinstellungsmerkmal gibt.
Dazu kommt, dass man die philosophische Ebene, die das Klonen-Thema eigentlich anbietet, nur streift. Im Gegensatz zu „Blade Runner 2049“, wo Replikanten und Menschen in ihrer Existenz auf den Prüfstand gestellt werden, scheut „Mickey 17“ eine tiefgehende Auseinandersetzung mit Fragen nach Bewusstsein, Seele oder Identität.
9. Warum die Enttäuschung so stark ausfällt
Viele Kritiker, Blogger und Fans (einschließlich meiner Wenigkeit) hatten sich auf „Mickey 17“ besonders gefreut – vielleicht sogar mehr als auf andere Blockbuster des Jahres. Der Name Bong Joon-ho weckt Erwartungen an satirische Finesse, intelligente Gesellschaftskritik und ein geniales Drehbuch, das mit moralischen Fragen spielt. Man dachte an den Feinschliff aus „Parasite“: Dort kritisiert der Regisseur die Kluft zwischen Arm und Reich, ohne je banal zu werden oder seine Figuren nur als Schablonen darzustellen.
In „Mickey 17“ hingegen wirkt alles offensichtlicher und weniger durchdacht. Der Witz, den man als schwarze Komödie ankündigte, verpufft in seichten Gags, die im Kinosaal nur selten für Lacher sorgen. Die Kolonialismus– und Imperialismus-Kritik gleitet in eine Karikatur, die sich auf klischeehaft auftretende Bösewichte beschränkt. Selbst die Romanze präsentiert sich eher als obligatorische Drehbuchidee, um emotionales Drama zu erzeugen, anstatt tiefschürfend Mickeys Zerrissenheit zwischen Leben, Tod und Liebe zu beleuchten.
So entsteht eine Diskrepanz zwischen dem, was wir als Zuschauer uns erhofft haben (nämlich eine bahnbrechende, clevere Sci-Fi-Erzählung von einem Meisterregisseur), und dem, was uns tatsächlich geboten wird. Wenn man mit geringeren Erwartungen in den Film gegangen wäre, hätte man ihn vielleicht als mittelmäßigen, teils unterhaltsamen Sci-Fi-Streifen abgetan. Doch mit dem hohen Maßstab, den Bong Joon-ho durch „Parasite“ oder „Snowpiercer“ selbst gesetzt hat, offenbaren sich in „Mickey 17“ eklatante Schwächen umso deutlicher.
10. Fazit – Eine der größten Enttäuschungen des Kinojahres 2025
Langer Rede kurzer Sinn: Du kannst dir einen Kinobesuch sparen, wenn du auf der Suche nach einer weiteren brillanten Bong Joon-ho-Perle bist, die ebenso tiefgründig und gesellschaftskritisch funktioniert wie „Parasite“. Möchtest du hingegen (trotz aller Warnungen) selbst erleben, wie Robert Pattinson versucht, diesem konfusen Science-Fiction-Mix Leben einzuhauchen, dann könnte sich ein Ticket lohnen. Doch selbst eingefleischte Genre-Fans, die sonst alles verschlingen, was nach hochwertiger Sci-Fi aussieht, dürften hier enttäuscht aus dem Saal gehen.
Die wichtigsten Punkte in Kürze:
- Starke Hauptrolle von Robert Pattinson als Mickey
- Interessante Grundidee (Klon-Existenz, unsterbliche Expendables)
- Vielseitige Besetzung (Steven Yeun, Tony Collette, Mark Ruffalo, Naomi Aki), aber leider unterfordert
- Zäher Handlungsverlauf mit abrupten Tonwechseln (Komödie, Romanze, Politik, Satire, Sci-Fi)
- Plumpe Gesellschaftskritik statt subtiler Systemanalyse
- Zu viel Voice-Over und Erklärdialoge, zu wenig echte Filmkunst
- Visuelle Gestaltung solide, aber nicht außergewöhnlich (keine Alleinstellungsmerkmale)
- Lange Laufzeit mit spürbaren Durchhängern
Damit ist „Mickey 17“ eines der krassesten Negativbeispiele des jüngsten Kinojahres, zumindest für all jene, die Bong Joon-ho als Meister subtiler und intelligenter Erzählweise schätzen. Es ist natürlich legitim, wenn jemand Freude daran findet, Robert Pattinson in einer ausgefallenen Rolle zu sehen oder das dystopische Setting spannend zu empfinden. Doch wer hohe Ansprüche an Story, Subtext und Figurenentwicklung stellt, dürfte hier kaum auf seine Kosten kommen.
Abschließend bleibt nur zu hoffen, dass Bong Joon-ho in seinen nächsten Projekten wieder zu der Stärke zurückfindet, die ihm einst bei „Snowpiercer“ und vor allem bei „Parasite“ den Oscar und weltweiten Respekt eingebracht hat. „Mickey 17“ ist leider kein neuer Geniestreich, sondern ein überfrachtetes, unentschlossenes Sci-Fi-Experiment, das trotz großem Hype und starbesetztem Cast nicht zünden will und eher an generationstypische Twitter-Streitereien als an anspruchsvolles Kino erinnert.
In diesem Sinne: Wer sich dennoch ins Kino wagt, tut dies auf eigene Gefahr. Manchmal hilft es aber, mit reduziertem Erwartungsdruck an die Sache heranzugehen. Vielleicht entdeckt der eine oder andere dann doch den Charme einer handvoll Szenen, die zumindest andeuten, was für ein großartiger Film „Mickey 17“ hätte sein können. Wertung 4,5/10
Die Rechte an den hier verwendeten Bildern liegen bei den jeweiligen Filmstudios und Verleihern. Die Verwendung erfolgt ausschließlich zu illustrativen Zwecken im Rahmen der Berichterstattung.
- Mickey 17 – Studio: Warner Bros. Pictures | Verleiher: Warner Bros. Pictures
- Parasite – Studio: Barunson E&A | Verleiher: CJ Entertainment