The Electric State – Eine Reise in die fesselnde Sci-Fi-Welt der Russo-Brüder – Review Filmkritik

The Electric State – Eine Reise in die fesselnde Sci-Fi-Welt der Russo-Brüder – Review Filmkritik

Netflix-Blockbuster The Electric State: Eine Filmreise voller Postapokalypse, Retro-Flair und Roadtrip-Feeling

Wenn man von einem neuen Netflix-Film der Russo Brüder (Joe und Anthony Russo) hört, die mit „Avengers: Endgame“ bereits Kinogeschichte geschrieben haben, spitzen sich bei vielen Filmfans sofort die Ohren. So erging es auch mir, als ich las, dass sie sich der Verfilmung von Simon Stålenhags Graphic Novel „The Electric State“ angenommen und dazu noch Millie Bobby Brown und Chris Pratt als Hauptdarsteller engagiert haben. Ein so ambitioniertes Projekt, das sich irgendwo zwischen Postapokalypse, Retro-Futurismus und Road Movie bewegt, konnte ich mir einfach nicht entgehen lassen.

Obwohl die Russo Brüder für mich bereits eine beeindruckende Filmografie vorweisen – einschließlich ihres Beitrags zum Marvel Cinematic Universe und anderen Actionthrillern – war ich dennoch gespannt, wie sie das poetische, manchmal sehr ruhige und bildgewaltige Werk von Stålenhag in einen Netflix-Blockbuster umsetzen würden. Es brauchte nur wenige Minuten des Films, um mich in den Bann dieser einzigartigen Welt zu ziehen.

Im Folgenden findest du einen sehr ausführlichen Überblick zu allen Aspekten, die mir bei „The Electric State“ aufgefallen sind: von den beeindruckenden Schauwerten bis hin zur emotionalen Wucht der Geschichte. Ich hoffe, dass dich meine Eindrücke und Erlebnisse inspirieren und vielleicht dazu verleiten, den Film ebenfalls zu schauen – oder ihn mit einem ganz neuen Blick zu betrachten, falls du ihn schon gesehen hast. Alles bleibt dabei spoilerfrei genug, um die wichtigsten Überraschungen und Wendungen selbst entdecken zu können.


1. Einleitung

Kurze Vorstellung des Films

„The Electric State“ ist eine Netflix-Produktion, bei der die Russo Brüder Regie führen. Bekannt wurden sie vor allem durch ihren großen Erfolg im Marvel Cinematic Universe, insbesondere mit „Captain America: The Winter Soldier“, „Captain America: Civil War“ sowie dem Meilenstein „Avengers: Endgame“. Unterstützt von einem großzügigen Budget, das laut Berichten bei rund 320 Millionen Dollar liegen soll, haben sie nun eine postapokalyptische Welt geschaffen, die auf Simon Stålenhags gleichnamiger Graphic Novel basiert.

In den Hauptrollen erleben wir:

  • Millie Bobby Brown (bekannt aus „Stranger Things“), die hier eine willensstarke junge Protagonistin namens Michelle verkörpert.
  • Chris Pratt (Star-Lord in „Guardians of the Galaxy“), der als charismatischer Weggefährte eine herrliche Dynamik mit Millie Bobby Brown entfaltet.
  • Dazu gesellen sich viele weitere bekannte Namen, etwa Stanley Tucci, Giancarlo Esposito, Anthony Mackie, Woody Harrelson und Ke Huy Quan.

Erwartungen vor dem Film

Da ich großer Fan bildgewaltiger Sci-Fi-Welten bin, war meine Erwartung entsprechend hoch: Ein Road Movie in einer von technologischen Errungenschaften geprägten Endzeitkulisse, ein großes Gefühl für Atmosphäre, und dazu noch das unverkennbare Talent der Russo Brüder für Action und dynamisches Erzählen. Ich hoffte, emotionale wie auch atemberaubend inszenierte Momente vorzufinden.

Vor allem ging ich davon aus, dass die Regisseure die vielschichtigen Ideen aus Stålenhags Buch respektieren würden. Dessen prägnante Illustrationen und zurückhaltend erzählte Geschichten verströmen immer eine gewisse Melancholie: Maschinenfriedhöfe, leere Highways, Menschen, die mit Robotern koexistieren, und all das in einer retro-futuristischen Welt der 90er-Jahre. Und genau das wollte ich auf der Leinwand (oder besser gesagt: dem Netflix-Bildschirm) sehen – kombiniert mit dem typischen Russo-Brüder-Schwung, der eine Geschichte abenteuerlich und emotional zugleich machen kann.

Einordnung ins Science-Fiction-Genre

Man könnte sich fragen, wo genau „The Electric State“ einzuordnen ist. Tatsächlich trifft der Film gleich mehrere Subgenres:

  1. Postapokalypse: Die Welt ist zwar nicht komplett zerstört, doch spürbar gezeichnet von einem verheerenden Konflikt zwischen Menschen und Robotern.
  2. Retro-Futurismus: Im Film erlebt man eine Mischung aus typischen 90er-Jahre-Elementen (Auto-Design, Kleidung, Musik) und hochentwickelter Robotik, die weit über unsere heutige Realität hinausgeht.
  3. Road Movie: Michelle bricht zu einer langen Reise auf, um ihren Bruder zu finden, und wir begleiten sie durch halbverlassene Städte, karge Landschaften und mysteriöse Orte voller zurückgelassener Roboter.

Wer die bisherigen Werke der Russo Brüder kennt, wird einige typische Merkmale wiederfinden: Hochwertige Actionsequenzen, ein ganz eigener Sinn für dramatische Wendungen und starke Figuren, die eine Geschichte tragen. „The Electric State“ verortet sich somit in der Reihe ihrer kreativen Projekte, hebt sich aber durch seine zutiefst melancholische Stimmung und den Fokus auf den inneren Konflikt der Figuren von ihren sonstigen, eher großflächig-heroischen Filmen wie „Avengers: Infinity War“ ab. Es wirkt damit fast wie ein Zwischenstück – einerseits ein gigantischer Netflix-Blockbuster, andererseits ein intimes Roadtrip-Drama, das, wie ich finde, wundervoll zusammenspielt.


2. Handlung & Erzählweise

Zusammenfassung der Story (Spoilerfrei)

„The Electric State“ entführt uns in eine alternative Version der 1990er-Jahre. In dieser Welt waren Roboter schon seit einiger Zeit in den Alltag der Menschen integriert, doch nach einem verheerenden Krieg – dessen Ursprünge nach und nach enthüllt werden – trennten sich die Wege von Mensch und Maschine auf dramatische Weise. Viele Roboter wurden verbannt oder zogen sich in unzugängliche Gebiete zurück.

Michelle (Millie Bobby Brown) macht sich auf, ihren verschollenen Bruder zu finden. Ihr treuer Begleiter: ein ungewöhnlich designtes, teils tapsiges und dabei unglaublich herzerwärmendes Roboterwesen. Schon dieser gemeinsame Weg birgt viel emotionales Gewicht, denn Michelle hat ihre Familie verloren und klammert sich an die Hoffnung, zumindest einen Teil davon wiederzufinden. Wie ein roter Faden zieht sich das Thema Zugehörigkeit durch den Film: Wer darf in dieser Gesellschaft bleiben? Wer wird ausgegrenzt?

Unterwegs trifft sie auf einen von Chris Pratt gespielten Charakter, der sie nicht nur physisch beschützt, sondern ihr auch hilft, den Mut und die Zuversicht zu bewahren. Gemeinsam navigieren sie durch die Tücken einer dystopischen Welt, die nur noch bruchstückhaft an das fröhliche Amerika erinnert, das man aus den echten 90er-Jahren kennt. Zahlreiche Begegnungen mit Robotern (und anderen Reisenden) bringen sowohl Gefahr als auch Hoffnung mit sich.

Erzählstil: Linear oder verschachtelt?

Interessant ist, dass der Film insgesamt weitgehend linear erzählt wird, aber immer wieder durch Rückblenden ergänzt wird. Dadurch erhält man die nötigen Hintergründe, warum Roboter und Menschen einst aneinandergerieten und wie Michelles Familie in all dies verwickelt war. Diese Rückblicke fügen sich sehr organisch ein und nehmen dem Ganzen keinesfalls das Tempo. Im Gegenteil: Sie wecken Neugier darauf, wie die Puzzlestücke letztlich zusammenpassen.

Twists gibt es in moderater Form. Zwar sollte man keinen übertriebenen Mystery-Plot erwarten, doch einige Entwicklungen haben mich dennoch positiv überrascht, weil sie feinfühlig und emotional inszeniert sind. Vieles beruht auf der inneren Reise von Michelle, die im Laufe des Films auch zu sich selbst findet. Genau diese Charaktertiefe empfand ich als große Stärke.

Narrative Atmosphäre: Melancholisch, dystopisch, hoffnungsvoll?

Im Kern wirkt „The Electric State“ auf mich melancholisch und gleichzeitig anrührend. Die Weite verlassener Straßenzüge, die düsteren Wolken am Horizont, der scheinbar endlose Roadtrip – all das verströmt zunächst eine gewisse Trostlosigkeit. Doch es wird durch die starken Bande zwischen den wenigen Menschen, die sich gemeinsam auf den Weg machen, und den Roboterfiguren aufgelockert. Immer wieder gibt es Szenen voller Hoffnung, wenn Chris Pratt und Millie Bobby Brown sich gegenseitig beistehen, wenn einer der Roboter sich als äußerst loyal und sogar einfühlsam erweist.

Der Film entwickelt so ein packendes Road-Movie-Flair, das auch von vereinzelten Actionszenen unterbrochen wird. Hier kommt der epische Touch der Russo Brüder zutage: Spektakuläre Roboterkämpfe oder dramatische Zusammenstöße, die sehr dynamisch inszeniert sind. Doch die Macher verlieren nie den Blick für die Zwischenmenschlichkeit – oder in diesem Fall auch „Zwischenmaschinlichkeit“. Man hat stets das Gefühl, ein Teil dieser Reise zu sein.


3. Charaktere & Schauspiel

Hauptfiguren: Wie überzeugend sind sie?

  • Michelle (Millie Bobby Brown): Diese Rolle hat mich sofort abgeholt. Bekannt wurde die Schauspielerin durch ihre intensive Darstellung als Elfi in „Stranger Things“. Hier ist sie jedoch nicht nur eine starke Kämpferin, sondern auch jemand, der großen Schmerz in sich trägt. Sie lässt uns die Verzweiflung und zugleich die unerschütterliche Zuversicht spüren, die sie antreibt. Ihr Spiel wirkt spürbar reifer und vielschichtiger als in manchen vorherigen Rollen.
  • Weggefährte (Chris Pratt): Zwar bleibt sein Rollenname oft vage, doch gerade das macht diese Figur zu einem spannenden Begleiter. Chris Pratt versprüht in meinen Augen herzlichen Charme, sorgt immer wieder für humorvolle Augenblicke und zeigt, dass er als Schauspieler ebenfalls eine deutlich ernsthafte und einfühlsame Seite an sich hat. Gemeinsam mit Michelle bildet er für mich ein unzertrennliches Duo, dessen Dynamik mich dauerhaft fesselte.

Nebendarsteller und Gastauftritte

In „The Electric State“ gibt es eine ganze Reihe namhafter Schauspieler:

  • Stanley Tucci taucht als einflussreiche Figur auf, die eine klare Agenda verfolgt. Ich empfand seine Darstellung als wunderbar intensiv und glaubhaft. Er verkörpert eine Autoritätsperson, der man sowohl Respekt als auch Vorsicht entgegenbringt.
  • Giancarlo Esposito: Immer wenn er in Filmen oder Serien auftaucht, ist seine Präsenz kaum zu übersehen. Hier gelingt es ihm, die dystopische Handlung mit wenigen Szenen aufzuwerten, indem er eine entschlossene, leicht rätselhafte Rolle übernimmt, die dem Film noch mehr Tiefe verleiht.
  • Ke Huy Quan: Auch wenn sein Auftritt in puncto Screentime überschaubar wirkt, bleibt er in Erinnerung, weil er seiner Figur einen sympathischen, warmherzigen Ton gibt. Jede Begegnung mit ihm fühlt sich an wie ein kleiner Hoffnungsschimmer.

Dazu kommen Anthony Mackie und Woody Harrelson, die bestimmten Robotern ihre Stimmen und einprägsame Nuancen verleihen. Gerade diese Kombination aus Mensch und Roboterstimme empfinde ich als großartige Regie-Entscheidung, da sie den mechanischen Begleitern eine ausgesprochen menschliche Note verleihen kann – ein wichtiger Aspekt, weil man sich als Zuschauer intensiv in sie hineinfühlt.

Charakterentwicklung: Tiefgründig oder oberflächlich?

Ich habe den Eindruck gewonnen, dass insbesondere Michelle und ihr Roboterkumpan eine starke Entwicklung durchmachen. Was als einfache Suchmission beginnt, wandelt sich zu einer Art Selbstfindungstrip, in dem Michelle nicht nur ihren Bruder, sondern auch ihre eigene Identität wiederentdeckt. In vielen Momenten spürt man, dass sie Verluste aufarbeitet, Ängste überwindet und Verantwortung übernimmt – für sich selbst, für ihre Mission und teilweise auch für die Roboter, die sie unterwegs trifft.

Chris Pratts Figur ergänzt dieses Entwicklungsmuster, indem er sich Stück für Stück öffnet und seine eigene Vergangenheit reflektiert. Man erfährt in Rückblenden und Dialogen, dass er vielleicht mehr erlebt hat, als man anfänglich vermuten würde. So entsteht ein vielschichtiges Charakterbild, das über die reine Actionheld-Fassade hinausgeht.

Für mich hat sich das alles sehr natürlich und glaubwürdig angefühlt. Zwar bleibt für einige Nebenfiguren nicht übermäßig viel Raum, sich auf breiter Ebene zu entfalten, aber die Kernfiguren schaffen dafür umso mehr Identifikationsfläche. Und genau das macht den emotionalen Kern des Films aus: Man fühlt mit ihnen, man lacht und leidet, man hofft mit ihnen und kann sich vorstellen, selbst auf dieser endlosen Straße unterwegs zu sein.


4. Visuelle & technische Umsetzung

Cinematografie: Ein atmosphärisches Highlight

Wie schon in anderen Großproduktionen der Russo Brüder glänzt auch „The Electric State“ mit einer beeindruckenden Bildgestaltung. Die Kameraarbeit setzt häufig auf:

  • Weite, ausgedehnte Landschaftsaufnahmen, die einem das Gefühl geben, tatsächlich eine postapokalyptische USA zu durchqueren.
  • Nüchterne, teils kühle Farbpalette, welche die Dystopie betont, aber durch Neonlichter, auffällige 90er-Jahre-Elemente und einzelne warme Farbtöne immer wieder gebrochen wird. Das Ergebnis ist ein gelungenes Spiel zwischen Melancholie und Nostalgie.
  • Intensiv inszenierte Close-ups, besonders in Dialogszenen. Gerade in den emotionalen Momenten spürt man durch die Mimik von Millie Bobby Brown und Chris Pratt förmlich, wie tief die Erschütterungen sitzen.

Mir gefällt auch, dass das Production Design stark von Stålenhags Illustrationen inspiriert ist, ohne diese 1:1 zu kopieren. Einige Szenen wirken beinahe wie zum Leben erweckte Gemälde, bei denen große Roboterwracks halb verrostet am Straßenrand liegen. Für Sci-Fi-Fans, die es lieben, in fremde Welten abzutauchen, ist das eine wunderbare Augenweide.

CGI & Effekte: Lebendige Welten

Das hohe Budget zeigt sich natürlich besonders in den Effekten:

  • Roboteranimation: Sämtliche Maschinendesigns passen perfekt in die Welt; sie sind weder übermäßig glänzend noch zu dreckig oder abgenutzt. So entsteht eine konsistente Optik, bei der man von Anfang an das Gefühl hat, man befinde sich wirklich in einer technologisch fortgeschrittenen, wenn auch heruntergekommenen Epoche.
  • Action und Explosionen: Die Russo Brüder wissen offensichtlich, wie man große Szenen inszeniert. Wenn es zu Kämpfen kommt oder gewaltige Maschinen aufeinandertreffen, spürt man regelrecht das Beben. Dabei bleibt die Action übersichtlich genug, um immer noch den Fokus auf die Figuren zu halten – etwas, das mir persönlich unglaublich wichtig ist.
  • Details der 90er-Jahre: Vom alten Röhrenfernseher bis hin zu Retro-Spielkonsolen und Plakaten – es gibt unzählige Anspielungen auf dieses Jahrzehnt, die den Schauplatz authentisch wirken lassen. Dieses Retro-Flair überträgt sich großartig auf die Atmosphäre.

Kameraarbeit & Schnitt: Ruhige Momente und dynamische Passagen

Mir gefällt an „The Electric State“ vor allem, wie er ein Gleichgewicht zwischen ruhigen und rasanten Passagen findet. Manche Szenen verweilen auf endlosen Straßen und den kleinen Gesten der Figuren, die in schicksalsschweren Momenten unglaublich groß wirken. Dann gibt es Schnittabfolgen, die uns mitten in ein hochemotionales Gefecht werfen oder in Verfolgungsjagden, bei denen die Kamera forsch und mitreißend agiert.

Die Schnitte selbst sind angenehm flüssig; weder zu hektisch noch zu träge. Für mich ist das ein gelungenes Beispiel dafür, wie man modernes Blockbuster-Kino mit einer feinfühligen, fast schon arthousehaften Erzählweise vereinen kann.


5. Sound & Musik

Sounddesign: Authentisches Eintauchen in die futuristische 90er-Welt

Ein gutes Sounddesign kann eine Welt lebendig machen – oder sie flach wirken lassen. In „The Electric State“ hat man sich spürbar Mühe gegeben, die Geräusche der Roboter, die mechanische Summen und Piepsen der Maschinen, die Windböen auf offenen Highways und das Rumpeln verlassener Gebäude detailliert einzufangen. Das Ergebnis ist eine klanglich dichte Atmosphäre, die permanent dieses Gefühl vermittelt, in einer etwas anderen Version der 90er zu stecken.

Wenn große Roboter agieren, hört man oft ein sonores Dröhnen, fast so, als bewege sich darin eine unbekannte Energie. Mich hat diese akustische Vielfalt wirklich begeistert, weil sie sich nicht nur auf Action fokussiert, sondern auch die ruhigen, leisen Momente unterstützt.

Filmmusik: Treffender Mix aus Score und Nostalgie

Die Komponisten setzen auf:

  • Einen orchestralen Score, der die epischen und emotionalen Momente untermalt,
  • sowie einige Lizenz-Songs aus den 80er- und 90er-Jahren, die teils punktgenau eingesetzt werden und einem fast schon ein Gefühl von „Marvels Guardians of the Galaxy“ verschaffen – jedoch ohne diese Leichtigkeit bloß zu imitieren.

Durch diesen nostalgischen Soundtrack werden wir gelegentlich zurück in ein Jahrzehnt versetzt, das wir in Wirklichkeit so erlebt haben (oder zumindest kennen), während uns die futuristischen Elemente zeigen, dass wir uns doch in einer ganz anderen Realität bewegen. Ich finde diesen Kontrast sehr reizvoll – einerseits aus der Zeit gefallen, andererseits eindeutig ein Science-Fiction-Setting.

Emotionale Wirkung der Musik

Besonders die ruhigen Pianopassagen haben mich beeindruckt. Wenn Michelle kurz innehält, an ihren Bruder denkt und ihre Verzweiflung greifbar wird, setzt die Musik genau an der richtigen Stelle ein, um dieses Gefühl von Sehnsucht und Verletzlichkeit zu vermitteln. An anderer Stelle treiben synthetische Klänge die Spannung hoch, wenn Maschinen aufeinandertreffen oder Michelle einen entscheidenden Schritt in Richtung Auflösung des Rätsels macht.

Insgesamt wirkte die Musik auf mich nicht aufdringlich, sondern subtil unterstützend. Sie trägt entscheidend dazu bei, dass der Film niemals zu kühl oder zu düster wird – trotz einer stellenweise bedrückenden Welt.


6. Themen & Botschaft

Tiefere Bedeutung: Gesellschaftskritik, technologische Dystopie, Mensch-Maschine-Beziehung

Im Kern erzählt „The Electric State“ die Geschichte einer Welt, in der Technologie – zunächst als Errungenschaft, später als Bedrohung – alles verändert hat. Es klingt fast wie eine Parabel auf unsere moderne Zeit, in der künstliche Intelligenz, Robotik und Automatisierung gesellschaftliche Debatten anheizen. Die große Frage: Wie weit darf Technologie gehen, bevor sie ein Eigenleben entwickelt und möglicherweise den Menschen verdrängt oder gar vernichtet?

Gleichzeitig werden Ausgrenzung und Vorurteile thematisiert. Menschen, die einst auf Roboter setzten, stehen jetzt vor den Trümmern ihrer Entscheidungen. Roboter, die plötzlich eine Seele oder Identität zu haben scheinen, werden gejagt oder aus den Städten verbannt. Hinter dieser Dystopie steckt also auch immer wieder eine ganz menschliche Botschaft: Akzeptanz, Toleranz und das Ringen um Verständnis für das Fremde.

Persönliche Interpretation: Was bleibt nach dem Film im Kopf?

Mich persönlich hat nach dem Abspann vor allem diese melancholische Sehnsucht begleitet: die Sehnsucht nach einer besseren Welt, in der der Bruch zwischen Technologie und Menschheit nicht so stark wäre. Außerdem blieb das berührende Bild davon, wie eine figurative Familie entsteht, wenn man gemeinsam durch Widrigkeiten reist. Denn während Michelle nach ihrem Bruder sucht, findet sie neue Weggefährten, die wie eine Ersatzfamilie für sie sind.

Auch die Frage, ob Roboter tatsächlich Gefühle besitzen können oder ob wir Menschen ihnen unsere eigenen Emotionen zuschreiben, wird subtil aufgeworfen. Es gibt einige rührende Szenen, in denen die Roboter menschlicher erscheinen als viele der Menschen. Dieser Gedanke, dass Mitgefühl und Empathie nicht nur biologisch sein müssen, wird im Film sehr liebevoll vermittelt.

Vergleich mit ähnlichen Filmen/Büchern

  • „Blade Runner“: Die dystopische, futuristische Stadtlandschaft und die Frage nach der Menschlichkeit künstlicher Wesen kann an Ridley Scotts Klassiker erinnern. „The Electric State“ wirkt jedoch weniger Noir und deutlich heller in seiner Grundfarbe.
  • „Spielbergs A.I.“: Parallelen zeigen sich in der Darstellung des Roboter-Mensch-Konflikts und der kindlichen Suche nach Zugehörigkeit (damals durch den Roboterjungen, hier durch die menschliche Figur).
  • „Mad Max“: Wer die endlosen Straßen und das Road-Movie-Feeling liebt, findet sicher Anknüpfungspunkte. „The Electric State“ setzt jedoch auf mehr Emotion statt auf staubige Brutalität.

Am Ende hebt sich „The Electric State“ dennoch durch seinen eigenen, unverwechselbaren Charme ab. Es vereint vieles, was man an bekannten Sci-Fi-Werken schätzt, bleibt aber eine originelle Reise in eine postapokalyptische Welt mit starkem 90er-Jahre-Flair.


7. Fazit & Bewertung

Subjektives Gesamturteil

Für mich ist „The Electric State“ ein absoluter Volltreffer. Auch wenn ich ein Faible für epische Sci-Fi-Geschichten habe, schafft es der Film, Neues hinzuzufügen und Altes auf besondere Weise zu interpretieren. Die Russo Brüder liefern gefällige Action, eine rührende Story und eine packende Optik, die ihre Inspiration aus Stålenhags Bildern eindrucksvoll umsetzt.

Gerade die Konstellation von Millie Bobby Brown und Chris Pratt überzeugt mich total, weil sie einerseits eine tiefe Emotionalität vermitteln und andererseits wunderbar unterhaltsame Momente hervorbringen. Visuell ist der Film meisterhaft, musikalisch sehr atmosphärisch und hinsichtlich seines thematischen Gehalts überraschend nachdenklich. Jeder hat natürlich seinen eigenen Filmgeschmack, aber wer Sci-Fi mag, wer Road Movies schätzt oder wer Millie Bobby Brown einmal jenseits von „Stranger Things“ sehen will, sollte unbedingt einschalten.

Stärken & Schwächen (kurz)

  • Stärken
    • Packende Roadtrip-Atmosphäre mit großartigen Schauwerten
    • Charismatische Hauptdarsteller in emotional glaubwürdigen Rollen
    • Tiefgreifende Themen wie Mensch-Maschine-Beziehung und Verantwortungsgefühl
    • Ausgewogener Mix aus Action, Dramatik und ruhigen Momenten
    • Hervorragendes Produktionsdesign, das dem Film einen einzigartigen Retro-Futurismus verleiht
  • Schwächen
    • Wer reinrassige, nonstop Sci-Fi-Action erwartet, könnte in den ruhigen Passagen ungeduldig werden.
    • Manche Nebenfiguren erscheinen kurz, hinterlassen aber trotzdem einen bleibenden Eindruck. Ich persönlich hätte mir von einigen Charakteren gerne noch mehr Hintergrundinfos erhofft – andererseits bewahrt der Film so seine mystische, unbekannte Stimmung.

Für wen ist der Film geeignet?

  • Science-Fiction-Fans, die melancholische Dystopien mögen und keine pausenlose Action benötigen.
  • Road-Movie-Enthusiasten, die Freude an einer langen Reise durch karge Landschaften und verschrobene Welten haben.
  • Menschen, die emotionalen Tiefgang in Filmen schätzen und sich gerne von starken Hauptfiguren führen lassen.
  • Retro-Liebhaber, die auf 80er-/90er-Jahre-Flair und passende Musik abfahren.

Meine Wertung

„The Electric State“ ist in meinen Augen eine wunderbare Sci-Fi-Perle, in der gerade die ruhigeren, nachdenklichen Momente den typischen Russo-Blockbuster-Charakter um eine persönliche Note bereichern. Das aufwendige Production Design, der stimmige Soundtrack und die vielseitigen Darsteller sorgen dafür, dass dieser Film nicht nur Bilder liefert, sondern auch tiefe Gefühle hinterlässt. Für mich zeigt diese Produktion eindrucksvoll, dass große Budgets nicht unbedingt in grelle, laute Action eskalieren müssen, sondern auch Raum für eine bewegende Geschichte und nachdenkliche Töne lassen können.

Wer also Lust hat auf einen Sci-Fi-Film, der Herz und Spektakel gleichermaßen anbietet, sollte sich „The Electric State“ definitiv nicht entgehen lassen. Die Freundschaft zwischen Mensch und Roboter, das Streben nach Hoffnung in einer fast verfallenen Welt und das durchweg positive Lebensgefühl, das man trotz aller Herausforderungen spürt, ist mir 8/10 Punkte wert und machen diesen Netflix-Streifen zu einer unvergesslichen Reise, die man gerne mehr als einmal antreten möchte.


ie Rechte an den hier verwendeten Bildern liegen bei den jeweiligen Studios und Verleihern. Die Verwendung erfolgt ausschließlich zu illustrativen Zwecken im Rahmen der Berichterstattung.

  • The Electric State (Netflix-Film) – Studio: AGBO | Verleiher: Netflix

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